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Rechtsmissbrauch bei Abmahnung: Einleitung von zwei gesonderten gerichtlichen Verfahren, obwohl ein identischer Wettbewerbsverstoß vorliegt

Das KG Berlin hat mit Urteil vom 13.04.2010, Az.: 5 W 65/10 entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung dann rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG sein kann, wenn von Seiten des Klägers zwei separate gerichtliche Verfahren wegen ein und desselben Wettbewerbsverstoßes- begangen auf zwei unterschiedlichen Online-Plattformen, eingeleitet werden.
Unstreitig stand fest, dass die spätere Antragsgegnerin sowohl in ihrem eigenen Online-Shop als auch auf der Verkaufsplattform eBay eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hatte. Daraufhin sprach der Antragssteller kurz hintereinander zwei separate wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aus. Nachdem sich die Antragsgegnerin weigerte, die geforderten Unterlassungserklärungen abzugeben, beantragte der Antragssteller in zwei Verfahren vor Gericht jeweils den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Die Richter am LG Berlin verwarfen den Antrag als unzulässig, da er rechtsmissbräuchlich nach § 8 Abs. 4 UWG sei. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Auch die Richter am KG Berlin bejahten ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers. Für den Antragssteller hätte ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, beide festgestellten Wettbewerbsverstöße in einem Verfahren zu bündeln (sog. Erweiterung des Streitgegenstandes).
Die Argumentation des Antragstellers, er habe den zweiten Wettbewerbsverstoß erst zeitlich nach dem ersten festgestellt, ließen die Richter nicht gelten. Schon vor dem Ausspruch der ersten Abmahnung hätte der Antragssteller prüfen müssen, ob ein inhaltsgleicher Wettbewerbsverstoß auf einer anderen Online-Plattform vorliegt. Der Antragsteller wusste nämlich, dass die Antragstellerin neben der Verkaufsplattform eBay noch eine eigene Plattform betreibt. Insofern treffe den Antragsteller vor Ausspruch einer Abmahnung eine Sorgfaltspflicht. Erschwerend kam hinzu, dass beide ausgesprochenen Abmahnungen zeitlich sehr nah zusammenlagen (lediglich drei Stunden versetzt).
In einer Gesamtschau, d.h. unter Berücksichtigung weiterer Umstände, kann sich hieraus ein Hinweis auf den Rechtsmissbrauch einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ziehen lassen.