Der BGH hat entschieden (vgl. BGH, Beschluss vom 08.08.2023, VIII ZR 234/22), dass nicht jede…
Rechtsmissbrauch bei Abmahnung: Abmahntätigkeit eines Verbandes nur gegenüber verbandsfremden Wettbewerbsverletzern

Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 13.07.2010, Az.: I- 4 U 21/10 entschieden, dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung dann rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG sein kann, wenn ein Wettbewerbsverband wegen Verstößen gegen das UWG mehrere Abmahnungen ausspricht – die eigenen Mitglieder des Verbandes aber vor dem Erhalt von Abmahnungen verschont werden.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren vertrat der klägerische Verein die Interessen von Gewerbetreibenden, welche sich auf dem Markt für Gewinn- und Glücksspiel betätigten. In insgesamt 24 verschiedenen gerichtlichen Verfahren ging der Verein gegen staatliche Glücksspielunternehmen vor. Gegen die eigenen Mitglieder ging der Verein trotz entsprechendem Anlass (Wettbewerbsverletzungen der Mitglieder) nicht vor.
Daraufhin wurde die erstinstanzliche Klage wegen Rechtsmissbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers beim OLG Hamm blieb erfolglos. Der Senat hatte sich in den Entscheidungsgründen des Urteils erneut mit der Frage zu befassen, ob ein selektives Vorgehen gegen Mitbewerber, welche nicht Mitglieder des Vereins sind, per se ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellt.
Dies wurde zu Recht verneint, da dem Abmahnenden ein eigener Gestaltungsspielraum verbleiben müsse. Trotzdem kamen die Richter im vorliegenden Fall zum Ergebnis, die gerichtliche Geltendmachung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs als unzulässig nach § 8 Abs. 4 UWG einzustufen.
Wörtlich heißt es: „Der Senat teilt die Auffassung, dass einem selektiven Vorgehen gegen einzelne Unternehmen nicht jede Relevanz abgesprochen werden kann. Auch wenn hierin keine unwiderlegliche Vermutung für ein missbräuchliches Vorgehen liegt, so indiziert ein solches Verhalten dennoch ein vornehmlich zu Behinderungszwecken eingesetztes Mittel. Wenn ein Verband satzungsgemäß Wettbewerbsverstöße im Glücksspielwesen bekämpft, so vertraut ihm das UWG hierfür eine nicht nur im eigenen Interesse bestehende Befugnis zur Abmahnung und Klage an. Diese Entscheidung trifft das UWG ersichtlich, weil es sich von dem Verband auch fremdnütziges Handeln verspricht und erwartet. Ein Verband, der die ihm anvertraute Prozessführungsbefugnis grundsätzlich nur noch einseitig ausübt, verlässt daher die Grundlage, aufgrund derer ihm die Handlungsbefugnis verliehen wurde.“
In einer Gesamtschau, d.h. unter Berücksichtigung weiterer Umstände, kann sich hieraus ein Hinweis auf den Rechtsmissbrauch einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ziehen lassen.