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LG Hamburg: Zeitpunkt des Zugangs einer Abmahnung bei Nutzung einer Firewall
Das LG Hamburg hat entschieden (LG Hamburg, Urteil vom 07.07.2009, Az. 312 O 142/09), dass eine per Email zugestellte Abmahnung bereits dann zugeht, wenn mit der Kenntnisnahme innerhalb eines oder zweier Arbeitstage üblicherweise gerechnet werden kann – und zwar unabhängig davon, ob die Email von der Firewall des Empfängers abgefangen wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine Email mit üblichem Umfang handelt die bei einem anderen Empfänger problemlos ankomme.
Aus den Gründen:
"Das Risiko, dass eine abgesandte Email die Antragsgegnerin nicht erreicht, hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Die Kammer vertritt mit der herrschenden Meinung (vgl. Zöller- Herget , ZPO, 27. Aufl., § 93, S. 431, Stichwort „Wettbewerbsstreitigkeiten”) die Auffassung, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Abmahnung nicht zugegangen ist, beim Adressaten, also dem Abgemahnten liegt (zum Sach- und Streitstand Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 12, Rz. 1.29 ff m.w.N.). Nach zutreffender Ansicht trägt das Risiko, dass die Abmahnung auf dem Postweg verloren geht, der Abgemahnte, da es sich bei der Abmahnung letztlich um eine Wohltat für den Schuldner handelt, der auf diese Weise Gelegenheit erhält, die Angelegenheit kostengünstig beizulegen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 09.01.2007, Az. 416 O 307/06, Rz. 18 zit.n. juris). Auch wenn nicht festgestellt werden kann, ob das Abmahnschreiben dem Beklagten zugegangen ist oder nicht, ist für eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO kein Raum (BGH, GRUR 2007, 629).
Diese Grundsätze wirken sich auch im vorliegenden Fall aus, in dem die Abmahnung per Email unstreitig abgeschickt, aber von der Firewall der Antragsgegnerin aufgehalten worden ist. Das Risiko, dass die Email verloren geht, hat der Abgemahnte zu tragen.
Darüberhinaus hat nach Auffassung der Kammer die Email vorliegend als zugegangen zu gelten. Denn von einem Zugang ist auszugehen, wenn eine Willenserklärung und dementsprechend eine geschäftsähnliche Handlung so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BGHZ 67, 271, 275; BGH, NJW 2004, 1320, 1321). Abmahnungen, die per Email übermittelt werden, sind zugegangen, wenn sie an eine vom Empfänger im geschäftlichen Verkehr verwendete Email-Adresse geschickt wurden und in der entsprechenden Mailbox des Empfängers angekommen sind (Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009, § 12 Rz. 1.30; Münchener Kommentar zum BGB- Einsele , 5. Aufl. Band 1, § 130 Rz. 17 f.). Wenn die Email in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, ist der Zugang für den Zeitpunkt anzunehmen, zu dem mit einer Kenntnisnahme üblicherweise gerechnet werden kann.
Dem Ankommen in der Mailbox entspricht es, wenn eine Email üblichen Umfangs, die wie hier bei Rechtsanwalt RA L. laut dessen eidesstattlicher Versicherung vom 27.05.2009 problemlos angekommen ist, in anderen Mailboxen von einem Sicherungssystem des Empfängers wie einer so genannten Firewall aufgehalten und an anderer Stelle als der Mailbox zwischengespeichert wird. Auch in einem solchen Fall kann mit der Kenntnisnahme innerhalb ein oder zweier Arbeitstage üblicherweise gerechnet werden. Denn der Zugang der Kontrollmail und der Umstand, dass die Email nicht „zurückkommt” begründen eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Email auch an anderer Adresse angekommen ist.
Auch bei einem während Krankheit, Urlaub oder Haft im Briefkasten oder einer Mailbox eingegangenen Schriftsatz ist Zugang anzunehmen, da unter normalen Umständen mit Kenntnisnahme zu rechnen ist (vgl. Münchener Kommentar zum BGB- Einsele , 5. Aufl. Band 1, § 130 Rz. 19). Vorliegend hat es, wie die Antragsgegnerin vorgetragen hat, einen Zustellversuch gegeben, die Mail wurde aber von der Firewall aufgehalten, so dass kein Sachbearbeiter sie gesehen hat. Die Email ist auch unstreitig nicht an den Antragsteller zurückgesendet worden. Demnach war die Email in der Firewall im Machtbereich der Antragsgegnerin angekommen und gilt als zugegangen, weil unter normalen Umständen damit gerechnet werden konnte, dass die Email zur Kenntnis genommen werden würde."