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Aus dem Alltag eines Anwalts: Beliebte Anwaltsspiele
In einer Beratungshilfesache hatten wir eine Mandantin nach dem Erhalt mehrerer Abmahnungen vertreten. Wie üblich waren in allen Angelegenheiten die Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie jeweils die Zahlung eines pauschalen Betrages (hier jeweils 450,- Euro) verlangt worden. Sämtliche Verfahren wurden schließlich über einen außergerichtlichen Vergleich abgeschlossen: es wurde jeweils nur eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben; hinsichtlich der Zahlungsansprüche wurde vereinbart, dass die Mandantin ist die Abmahnung nur ein Drittel des geforderten Zahlungsbetrags ausgleichen müsse und sie die sich so ergebende Summe zu dem in Raten zu je 30,- Euro ausgleichen dürfe.
Nach Erledigung der Angelegenheit haben wir sodann unter Vorlage der erfolgten Korrespondenz unseren Antrag auf Festsetzung der anwaltlichen Vergütung gestellt und dabei auch eine Einigungsgebühr nach VV RVG Nr. 1000 in Ansatz gebracht. Mit Schreiben vom heutigen Tage wurden wir sodann durch den zuständigen Rechtspfleger auf folgendes hingewiesen:
„Gemäß VV RVG Nr. 2508 i.V.m. VV RVG Nr. 1000 entsteht die Einigungsgebühr für die zumindest mitursächliche Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf den Anerkenntnis oder einen Verzicht. Dadurch wird klargestellt, dass nicht schon die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs oder der Verzicht auf Weiterverfolgung eines Anspruchs die Gebühr auslösen kann. Die Beseitigung von Streit oder Ungewissheit der Parteien durch Vertrag ist nicht anders als durch gegenseitiges nachgeben möglich. (…)
Anhand des bislang vorgelegten Schriftverkehrs konnte ein gegenseitiges Nachgeben noch nicht glaubhaft gemacht werden.“
Das hat mich etwas überrascht, da bei dem geschilderten Sachverhalt ohne weiteres von einem gegenseitigen Nachgeben auszugehen ist. Dies wäre sogar dann der Fall, wenn die originale Unterlassungserklärung abgegeben worden wäre und lediglich eine Ratenzahlung hinsichtlich der vollen geforderten Summe vereinbart worden wäre.
Warum das so ist?
Die RVG Reform aus dem Jahr 2013 hat insoweit neue Regeln eingeführt, die sich auch auf den Anfall der Einigungsgebühr auswirken: Konkretisiert wurde hier unter anderem, dass die Einigungsgebühr für den Abschluss eines Vertrags entsteht, durch den „die Erfüllung des Anspruchs bei vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen“ erfolgt (Zahlungsvereinbarung).
Mit anderen Worten ist nun ausdrücklich geregelt, dass die Einigungsgebühr für die Mitwirkung an einer Ratenzahlungsvereinbarung auch dann anfällt, wenn die vollständige Forderung (also auch ohne einen Verzicht auf einen Teil) in Raten beglichen wird.
An sich ist das völlig logisch: die Einräumung einer Ratenzahlung stellt eine Zahlungserleichterung dar und ist mithin ein Entgegenkommen; gleichzeitig ist die Bereitschaft, eine Forderung in Raten abzuzahlen deswegen ein Entgegenkommen und damit Nachgeben, weil ein gerichtlicher Streit vermieden wird.
Ein weiteres Mosaik in dem beliebten Anwaltsspiel: „Unnötiger Schriftverkehr mit Gerichten“