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Aus dem Alltag eines Anwalts: Nein, danke
Es kommt immer mal wieder vor: uns erreicht die E-Mail eines potentiellen Mandanten, in der um Beratung und Vertretung gebeten wird. Beim Lesen der E-Mail stellen wir sodann fest, dass ein Rechtsbereich betroffen ist, der von uns nicht bearbeitet wird. Oder es handelt sich um eine Angelegenheit, die aus zeitlichen Gründen nicht angenommen werden kann, z.B. weil bereits eine Auslastung mit anderen Mandaten, Fristen und/ oder Terminen besteht.
Kann ein Mandat nicht angenommen werden, so besteht für den Rechtsanwalt die Pflicht gemäß § 44 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), die Ablehnung des Mandats unverzüglich zu erklären.
Wir haben uns hier in der Kanzlei dazu entschieden, konsequent alle Mandate abzulehnen, die Rechtsgebiete betreffen, in denen wir nicht über ausreichende Spezialkenntnisse verfügen. Das Mandat erst anzunehmen und dann „auf Sicht zu fahren“ wäre nicht nur wenig professionell, sondern es wäre vor allem unfair dem Mandanten gegenüber und sehr wahrscheinlich geeignet, dem Mandanten am Ende eher zu schaden als zu nutzen.
Daneben lehnen wir selbstverständlich auch solche Mandate ab, die sich aus zeitlichen Gründen nicht ordnungsgemäß bearbeiten lassen. Auch hierfür gibt es einen guten Grund: denn nach § 11 Abs. 1 BRAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten. Ist das nicht sichergestellt, dann sollte eigentlich nachvollziehbar sein, warum man als Rechtsanwalt ein Mandat ablehnen muss.
Auch wenn wir ein Mandat ablehnen, so versuchen wir dennoch nach Möglichkeit, Anfragen zumindest dahingehend zu beantworten, an welche andere Kanzlei sich der Schreiber oder die Schreiberin der E-Mail wenden könnte. Trotz guter Vernetzung bleibt es nicht aus, dass wir manchmal keinen konkreten Kollegen bzw. keine konkrete Kollegin empfehlen können; in diesem Fall raten wir dazu, die Suchfunktion von anwalt.de zu nutzen.
Grundsätzlich hat sich dieses Vorgehen bislang sehr gut bewährt, denn die meisten Menschen verstehen, wenn oder warum ein Mandat nicht angenommen werden kann.
Allerdings wird man immer wieder mal eines Besseren belehrt, etwa dann, wenn der Anfragende die Ablehnung partout nicht akzeptieren will.
So vor kurzem: eine Anfrage, die mir zugeleitet worden war, betraf zumindest in Teilen einen Rechtsbereich, der in unserer Kanzlei nicht bearbeitet wird. Zum anderen war ich zu diesem Zeitpunkt bereits vollends mit anderen Mandatsbearbeitungen ausgelastet. Dementsprechend lehnte ich die Anfrage ab.
Womit ich nicht gerechnet hatte war der nur wenige Minuten späte erfolgende Anruf des Rechtsratsuchenden, der im Wesentlichen darin bestand, mir zu erklären, dass meine fachliche Einschätzung, welche Rechtsbereiche betroffen seien, falsch wäre. Dies könne er als Nichtjurist besser beurteilen. Zum anderen wollte der Anrufer schlicht nicht glauben, dass ich vollends mit anderen Mandaten ausgelastet sei. Trotz meines bereits in der E-Mail mitgeteilten Rates, sich an einen Kollegen oder eine Kollegin zu wenden, forderte der Anrufer nun auch noch, dass ich ihm eine Kanzlei mitteilen möge, die das Mandat annehmen könnte und nicht ausgelastet sei. Das ging mir dann doch ein wenig zu weit, denn ich führe zusammen mit meinem Kollegen eine eigene Kanzlei, bin aber nicht bereit, neben der eigenen Kanzleiführung noch die Überwachung der Auslastung der von Berufskollegen geführten Kanzleien zu übernehmen.
Der Anrufer nahm dies schließlich zum Anlass, mir damit zu drohen, er werde die Ablehnung des Mandats der Rechtsanwaltskammer melden. Denn die Ablehnung erfolge sowieso nur, weil der Streitwert zu gering sei. Nachdem ich ihm erklärte, dass der Streitwert eher unerheblich sei, weil wir regelmäßig über Stundenhonorare abrechnen würden, legte der Anrufer nach einem weiteren kurzen Wortschwall seinerseits auf.
Erfahrungsgemäß sind Mandanten, die sich bereits im Rahmen der Mandatsanbahnung wie geschildert verhalten, nicht unbedingt „Premium-Mandanten“ in einer Anwaltskanzlei. Erkennt man das als Rechtsanwalt rechtzeitig, dann bleibt zumindest die Möglichkeit, das Mandat mit einem höflichen „Nein, danke.“ abzulehnen. Erkennt man es nicht rechtzeitig und nimmt das Mandat an, dann folgt daraus meist eine schwierige Mandatsführung.
Umso glücklicher ist man als Rechtsanwalt, wenn man bereits vollends mit Mandaten ausgelastet ist, in denen derartige „Premium-Mandanten“ eher nicht beteiligt sind und daher das „Risiko“ einer solchen Mandatsannahme schon gar nicht droht.