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AG Steinfurt: Auch anwaltliche Erstberatung ist grundsätzlich kostenpflichtig
Das AG Steinfurt hat mit Urteil vom 13.02.2014, Az. 21 C 979/13, entschieden, dass auch bei einem anwaltlichen Erstberatungsgespräch grundsätzlich mit Anwaltskosten zu rechnen ist.
In dem konkreten Fall hatte sich ein Abiturient im Februar 2012 von einer Rechtsanwältin über die Erfolgsaussichten einer Klage auf Zulassung zum Studium der Zahnmedizin beraten lassen. Dieses Beratungsgespräch dauerte ca. 35 Minuten. Dabei ging die Rechtsanwältin individuell auf die Sach- und Rechtslage ein und stellte später das Beratungsgespräch mit einer Erstberatungsgebühr von 226,10 Euro in Rechnung. Diese Gebühr wollte der Abiturient jedoch nicht bezahlen, da er von einem kostenlosen Informationsgespräch ausgegangen war.
Das AG Steinfurt entschied auf Klage der Rechtsanwältin zu ihren Gunsten. Der Rechtsanwältin habe ein Anspruch auf Zahlung der Erstberatungsgebühr nach §§ 611, 675 BGB zugestanden. Die Behauptung des Abiturienten, er sei von einem kostenlosen Informationsgespräch ausgegangen, sei unerheblich. Denn es müsse stets von einer entgeltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts ausgegangen. Mit einer kostenlosen Tätigkeit dürfe nicht gerechnet werden (BGH, Urteil vom 24.05.2007, Az. IX ZR 89/06). Dies gelte insbesondere dann, wenn es sich um eine individualisierte Beratung handelt.
Das Gericht stellte ausdrücklich klar, dass der Wunsch nach einer kostenlosen Beratung ausdrücklich erklärt werden müsse. Ferner bestehe keine Pflicht eines Rechtsanwalts, über die grundsätzliche Kostenpflicht der Beratungsleistung zu informieren. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn das Anliegen des Mandanten wirtschaftlich offensichtlich sinnlos ist oder wenn die Fehlvorstellung des Mandanten über eine kostenlose Beratung offen zu Tage tritt.
Kommentar:
Die Entscheidung ist richtig. Inhalt der kostenpflichtigen anwaltlichen Dienstleistung ist die Beratung zu konkreten Rechtsfragen. Wäre eine Erstberatung grundsätzlich kostenlos, so wäre es Rechtsanwälten faktisch unmöglich, wirtschaftlich zu arbeiten. Insbesondere, wenn der Anwalt seine Arbeit gut macht und bereits in einem einzigen Gespräch alle Fragen des Mandanten klären kann, so würde der Mandant eine qualitativ hochwertige Leistung ohne Gegenleistung in Anspruch nehmen können; dies bei voller Haftung des Anwalts. An sich sollte es auch nicht überraschen, dass eine Dienstleistung eine Zahlungsverpflichtung auslöst.
Bringt der Rechtssuchende hingegen den Wunsch nach einer kostenlosen Beratung klar zum Ausdruck, so steht es einem Rechtsanwalt im Übrigen frei, ob er eine solche leisten möchte oder nicht. In vielen Bereichen ist eine knappe kostenlose Ersteinschätzung (die jedoch üblicherweise nur allgemeiner Natur ist) möglich und wird von Anwälten angeboten. Schließlich soll in einem solchen „Kennenlern-Gespräch“ auch festgestellt werden, ob Anwalt und Mandant „zusammenpassen“.
Anwälte dürfen im Übrigen mit einer kostenlosen Erstberatung werben (vgl. die Entscheidung des LG Essen, Urteil vom 10.10.2013, Az. 4 O 226/13, hier besprochen: Link). In einem solchen Fall muss der Anwalt aber auch die beworbene Leistung kostenfrei erbringen.