Potentielle Kunden informieren sich heute regelmäßig im Internet, ehe sie mit einem Unternehmen in Kontakt…
Gewerbeauskunft-Zentrale – GWE Wirtschaftsinformations GmbH
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Die Gewerbeauskunft-Zentrale ist vielen Unternehmern ein Begriff. Bereits seit mehreren Jahren betreibt die GWE-Wirtschaftsinformations GmbH, Hauptstraße 34, 40597 Düsseldorf, unter diesem Namen ein Online-Branchenverzeichnis, in dem Unternehmen aus allen denkbaren Branchen gelistet werden. Hintergrund soll eine bessere Auffindbarkeit des jeweiligen Unternehmens sein, namentlich eine Empfehlung des eigenen Unternehmens an Gewerbetreibende und Verbraucher.
Was bis hierhin noch recht interessant klingt, hat jedoch einen Haken: der Eintrag in das Branchenverzeichnis ist mit einem verhältnismäßig hohen Jahresbeitrag in Höhe von insgesamt 569,06 EUR (inkl. USt.) verbunden. Und genau von diesem Jahresbeitrag erfahren viele Betroffene erst dann, wenn es – vermeintlich – schon zu spät ist. Immer wieder drängt sich hier der Eindruck einer groß angelegten Abzocke auf.
Wie geht die Gewerbeauskunft-Zentrale vor?
Die Gewerbeauskunft-Zentrale versendet seit einigen Jahren offenbar tausendfach sog. Eintragungsangebote, die der jeweils angeschriebene Unternehmer ausfüllen, unterzeichnen und binnen einer gesetzten Frist zurücksenden soll. Hierdurch soll es zu einem Vertragsschluss zwischen der GWE GmbH und dem jeweiligen Unternehmer kommen.
Die Eintragungsformulare wurden von der GWE GmbH in den letzten Jahren immer mal wieder ein wenig geändert, gemein ist allen verwendeten Formularen jedoch der „amtliche Charakter“. Mit anderen Worten: auf den ersten Blick ist das Eintragungsformular nicht zwangsläufig als reines Eintragungsangebot zu erkennen, sondern erweckt durchaus den Eindruck, von einer Behörde zu stammen.
So waren zum Beispiel die Eintragungsangebote im Jahr 2010 noch überschrieben mit der amtlich klingenden Formulierung „Gewerbeauskunft-Zentrale – Erfassung gewerblicher Einträge“, angeschriebene Unternehmer wurden aufgefordert, fehlende Angaben zu ergänzen oder zu korrigieren. Damals wie heute war im oberen rechten Drittel zudem ein Strichcode angebracht.
Aktuell versendet die Gewerbeauskunft-Zentrale Eintragungsangebote nach folgendem Muster:
Aufgrund der amtlichen Gestaltung des Formulars kommt es nun immer wieder vor, dass die angeschriebenen Unternehmer von einer Verpflichtung, das Formular ausfüllen und zurücksenden zu müssen, ausgehen. Erst später, namentlich ca. 2 Wochen danach, erlebt der Unternehmer sodann die böse Überraschung in Form einer Rechnung über den ersten Jahresbeitrag.
Nicht selten reagieren Betroffene dann erstaunt bis verärgert, da ein Vertragsschluss in dieser Form nie gewollt war. Während offenbar zahlreiche Betroffene zähneknirschend zahlen, verweigern auch viele „Kunden“ der Gewerbeauskunft-Zentrale – aus unserer Sicht verständlich und berechtigt – die Zahlung. Was dann folgt, ist eine wahre Odyssee: Betroffene machen im Falle der Zahlungsverweigerung Bekanntschaft mit zahlreichen standardisierten Zahlungsaufforderungen der Gewerbeauskunft-Zentrale, gefolgt von Post von Inkasso-Büros bis hin zu Anwaltsschreiben.
Ablauf bei Zahlungsverweigerung
Entscheidet sich der Unternehmer, nicht an die Gewerbeauskunft-Zentrale zu zahlen, so folgen zunächst Mahnungen der Gewerbeauskunft-Zentrale. In diesen wird üblicherweise eine Mahngebühr von 5,- EUR aufgeschlagen. Bleibt auch dies wirkungslos, so folgen früher oder später Schreiben durch die Deutsche Direkt Inkasso GmbH, Toyota-Allee 99, 50858 Köln. In diesen wird erneut zur Zahlung aufgefordert und für den Fall der weiteren Verweigerungshaltung mit der Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher oder einem SCHUFA- Eintrag gedroht. Bleiben auch dieses sowie die Folgeschreiben der Deutschen Direkt Inkasso unbeachtet, beauftragt die GWE GmbH in einigen Fällen eine Anwaltskanzlei, die abermals zur Zahlung auffordert, andernfalls ein gerichtliches Verfahren androht.
Unabhängig vom Verfahrensstand ist es nicht unüblich, dass Betroffene Post nicht nur von einem der drei genannten Beteiligten erhalten, sondern dass die Korrespondenz gleichzeitig durch alle Beteiligten geführt wird. Dabei übertrumpfen sich die Formulierungen der jeweiligen Absender im Hinblick auf die Drohgebärde, die aufgebaut werden soll: der sichere SCHUFA-Eintrag sowie die Zwangsvollstreckung nach rechtskräftiger Titulierung, (wiederholt) letzte außergerichtliche Zahlungsaufforderungen oder Vergleichsangebote, die doch noch eine gütliche Lösung der Angelegenheit herbeiführen sollen. Gleichzeitig werden Kopien von Urteilen mitgeschickt, teilweise auch Entwürfe von Mahnbescheiden oder Klageentwürfe.
Tatsächlich zielt die gesamte Korrespondenz nur darauf ab, betroffene Unternehmer früher oder später zahlungswillig zu stimmen.
Wer steht hinter der Gewerbeauskunft-Zentrale?
Die Gewerbeauskunft-Zentrale wird von der GWE Wirtschaftsinformations GmbH betrieben. Geschäftsführer ist Herr Sebastian Cyperski. Im Namen der GWE GmbH werden sodann Unternehmen wie die Deutsche Direkt Inkasso GmbH, Geschäftsführerin: Nadine Pistorius, oder verschiedene Anwaltskanzleien mit der Durchsetzung der vermeintlichen Zahlungsansprüche der Gewerbeauskunft-Zentrale beauftragt.
Gerade was die Beauftragung von Anwälten angeht, hat die Gewerbeauskunft-Zentrale in den letzten Jahren von sich Reden gemacht. Nicht weniger als 6 verschiedene Kanzleien waren in der Vergangenheit mit der Wahrnehmung der Interessen der GWE GmbH beauftragt.
Diese sind:
1. Rechtsanwalt Andreas Schwering,
2. Rechtsanwalt Björn Nordmann,
3. Rechtsanwältin Funda Yildiz,
4. Rechtsanwalt Burkhard Joepchen,
5. Rechtsanwaltskanzlei Kai Hofheinz und
6. „Kanzlei Für Wirtschaftsrecht“, Rechtsanwältin Claudia Mölleken.
7. aktuell die „M.M.S. Rechtsanwalts- und Wirtschaftskanzlei “, Rechtsanwalt Michael M. Sertsöz.
Woher hat die Gewerbeauskunft-Zentrale die Daten?
Aufgrund verschiedener Erkenntnisse aus zahlreichen Mandaten liegt der Schluss nahe, dass die Gewerbeauskunft-Zentrale schlicht auf andere Branchenverzeichnisse, allen voran die Gelben Seiten, zurückgreift. Vermutlich werden aber auch einfach Einträge bei google-Places durchforstet. Dennoch kommt es auch immer wieder vor, dass Privatpersonen von der Gewerbeauskunft-Zentrale angeschrieben werden.
Wie ist die Rechtslage?
Sowohl die Gewerbeauskunft-Zentrale als deren beauftragtes Inkassobüro oder die eingeschalteten Anwälte berufen sich stets auf die Entscheidungen des AG Düsseldorf, Urteil vom 13.10.2011, Az. 40 C 8543/11, AG Köln, Urteil vom 06.06.2011, Az. 114 C 128/11, AG Bergisch-Gladbach, Urteil vom 28.07.2011, Az. 60 C 182/11 und LG Gießen, Urteil vom 05.07.2012, Az. 5 O 305/12. Diese Urteilen sollen den Zahlungsanspruch der Gewerbeauskunft-Zentrale belegen und verdeutlichen, dass Betroffene keine Möglichkeit hätten, sich gegen den vermeintlichen Vertrag zu wehren.
Sämtliche genannten Entscheidungen können als überholt betrachtet werden und haben keinerlei Auswirkungen auf die Betroffenen konkret vorliegende Angelegenheit.
Auch soweit in den Anschreiben der Gewerbeauskunft-Zentrale auf Urteile Bezug genommen wird, die den Zahlungsanspruch der GWE GmbH begründen sollen, datieren diese alle vor der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 26. Juli 2012 – VII ZR 262/11:
Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.
Eine Zahlungsverpflichtung besteht demnach in keinem der Fälle.
Neben dieser grundlegenden Entscheidung durch den Bundesgerichtshof gibt es zahlreiche weitere Urteile, u.a. vom Oberlandesgericht Düsseldorf, die die Rechnungsstellung und Mahntätigkeit der Gewerbeauskunft-Zentrale als wettbewerbswidrig einstufen, deren Angebotsformulare als irreführend und täuschend bezeichnen und in der Tätigkeit der GWE GmbH nichts anderes als eine Irreführung sehen.
Wie sollte man sich verhalten?
Grundsätzlich, in allen Fällen gilt: sofern Sie nicht unbedingt einen Vertrag mit der Gewerbeauskunft-Zentrale wünschen und unbedingt in deren mehr oder weniger unbekannten Verzeichnis gelistet werden wollen, werfen Sie zugesandte Eintragungsformulare am besten einfach weg.
Haben Sie hingegen bereits das Formular ausgefüllt und an die Gewerbeauskunft-Zentrale zurückgeschickt, so sollte der Forderung mindestens einmal knapp mit einem Zweizeiler widersprochen werden. Eine Zahlung sollte keinesfalls erfolgen.
Aus unserer Sicht sollten Betroffene hier aber auch eine umfassende anwaltliche Beratung und Vertretung in Betracht ziehen, da ein Vorgehen ohne Anwalt gegenüber der Gewerbeauskunft-Zentrale zwar möglich, aber mit etlichen Problemen versehen ist.
Haben Sie hingegen bereits eine Zahlung geleistet, sollten Sie sich in jedem Fall um eine anwaltliche Vertretung bemühen. Die Chancen dürften gut stehen, dass Sie einen Anspruch auf Rückzahlung haben.
Gerne stehen wir Ihnen bei Problemen mit der Gewerbeauskunft-Zentrale als anwaltlicher Vertreter zur Seite.