Auf dieser Seite haben wir für unsere Mandanten die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die nach Erhalt einer Zahlungsaufforderung durch ein Inkassobüro bekannt sein müssen.
1. Ich habe eine Zahlungsaufforderung durch ein Inkassobüro erhalten, was ist nun zu tun?
Sofern Sie das Schreiben noch nicht an uns weitergeleitet haben, so lassen Sie uns bitte eine Kopie zukommen. Wir widersprechen der geltend gemachten Zahlungsforderung, ggf. unter Hinweis auf die bisherige Korrespondenz in der Sache, und der guten Ordnung halber nochmals.
Sofern wir bereits mit Erhalt der Abmahnung beauftragt waren und eine Honorarvereinbarung getroffen wurde, entstehen Ihnen keine zusätzlichen Kosten, da die Bearbeitung von unserer Pauschale für die außergerichtliche Tätigkeit abgedeckt ist.
Sofern wir erstmals bei Erhalt des Inkassoschreibens mit Ihrer Vertretung beauftragt werden, berechnen sich die Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Maßgeblich sind insoweit der sog. Streitwert (also der Höhe der Forderung), als auch Umfang/ Schwierigkeit der genauen Tätigkeit. Im Einzelfall wird jeweils eine 1,3 Geschäftsgebühr abzurechnen sein, die als „Mittelgebühr“ die durchschnittliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts abgilt.
2. Warum erhalte ich Post von einem Inkassobüro?
Mit der ursprünglichen Abmahnung hat die Gegenseite Unterlassungsansprüche und verschiedene Zahlungsansprüche geltend gemacht. Es kann sein, dass die Unterlassungsansprüche im Rahmen der bisherigen Bearbeitung durch Abgabe einer abgeänderten Unterlassungserklärung erfüllt worden sind; im Regelfall sind aber alle Ansprüche und insbesondere die Zahlungsansprüche mit einer kurzen Begründung zurückgewiesen worden.
In den meisten Fällen folgt auf unser Ablehnungsschreiben keine weitere Korrespondenz und die Angelegenheit endet mit Ablauf der Verjährungsfrist. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Gegenseite (meistens kurz vor Erreichen der Verjährungsfrist) ein Inkassobüro beauftragt, um die vermeintlichen Zahlungsansprüche durchzusetzen.
In Filesharing-Fällen ist dieses Vorgehen unserer Erfahrung nach insbesondere dann „normal“, wenn die Gegenseite als eher unseriös einzustufen ist.
Grundsätzlich gilt nämlich, dass nach Beauftragung eines Rechtsanwalts, der Ansprüche für einen Mandanten durchsetzen soll, nach Ablehnung nicht ein Inkassobüro beauftragt wird, sondern es wird normalerweise nach Setzen einer letzten Zahlungsfrist Auftrag zur Klage erteilt. Insbesondere in Filesharing-Angelegenheiten wird dieser ansonsten vollkommen normale Verfahrensgang allerdings oft nicht gewählt, sondern es versucht der Abmahner durch Einschaltung eines Inkassobüros Druck aufzubauen und den Empfänger der Abmahnung doch noch zur Zahlung zu bewegen.
3. Was droht mir wegen des Schreibens vom Inkassobüro?
Offen gesagt: zunächst einmal hat das Schreiben eines Inkassobüros überhaupt keine Auswirkungen auf die Forderung.
Solange ein Inkassobüro über keinen vollstreckbaren Zahlungstitel (also z.B. ein Urteil, mit dem Sie zur Zahlung verurteilt worden sind) verfügt, handelt es sich bei dem Schreiben um nicht mehr als eine bloße „Zahlungserinnerung“.
Daran ändert sich auch dann nichts, wenn das Inkassobüro mit einem gerichtlichen Verfahren, einer Zwangsvollstreckung oder einem SCHUFA-Eintrag droht. Solche Drohungen können sogar rechtswidrig sein, wenn sie ohne Grundlage erfolgen; sie sollen aber den Empfänger des Schreibens einschüchtern. Beispielsweise darf eine Forderung schon gar nicht an die SCHUFA gemeldet werden, wenn dieser widersprochen worden ist (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 4 d BDSG).
In den von uns bearbeiteten Fällen wird jeder Zahlungsforderung allerdings bereits mit dem ersten Antwortschreiben unmittelbar auf die Abmahnung hin widersprochen.
4. Wie ist die weitere Vorgehensweise?
Grundsätzlich ändert sich and er Vorgehensweise nichts. Nach wie vor ist es das Ziel, alle Zahlungsansprüche abzuwehren. Wir raten insoweit ausdrücklich davon ab, Zahlungen an das Inkassobüro zu leisten; auch Vergleichsverhandlungen raten wir nicht an.
Aus der Erfahrung mit der Bearbeitung von rund 20.000 Abmahnungen können wir insoweit festhalten, dass gerichtliche Verfahren nach Beauftragung eines Inkassobüros nahezu ausgeschlossen sind.
5. Wie sind die Erfolgsaussichten, falls doch eine Klage kommen sollte?
Aufgrund der in den letzten Jahren weiterentwickelten Rechtsprechung sind die Verteidigungsaussichten bei Gericht grundsätzlich sehr gut.
Die gegen den Anschlussinhaber geltend gemachte Forderung beruht immer auf der Vermutung, dass der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss selbst nutzt und daher für eine Rechtsverletzung, die über seinen Anschluss begangen wurde, verantwortlich ist.
Im Moment ist aber noch nicht einmal bewiesen, dass es tatsächlich eine Rechtsverletzung über Ihren Internetanschluss gab. Die Gegenseite muss daher, wenn sie eine Klage einreicht, zunächst einmal nachweisen, dass die Rechtsverletzung überhaupt vorgefallen ist.
Nur wenn dies gelingt, dann muss in einem zweiten Schritt eine sog. Entlastung des Anschlussinhabers erfolgen. Dies ist der Erfahrung nach in allen Fällen, in denen der Anschluss durch mehr als eine Person genutzt werden konnte, möglich. Sofern der Anschluss nur durch eine Person genutzt werden konnte, ist der Begründungsaufwand im Rahmen der Entlastung zwar aufwändiger, aber eine Klageabweisung ebenfalls erreichbar.
Neben der Frage, ob der Anschlussinhaber überhaupt haftet (Haftung dem Grunde nach), stellt sich bei Gericht auch die Frage nach der Haftung der Höhe nach, also wie viel Schadenersatz beansprucht werden kann, wenn die Rechtsverletzung bewiesen werden und die Entlastung nicht erreicht werden kann. Hier gilt: grundsätzlich sind alle Forderungen in einer Filesharing-Abmahnung zu hoch angesetzt, so dass es immer Spielraum nach unten gibt.
6. Sind die Ansprüche nicht bereits verjährt?
Nach der neueren Rechtsprechung des BGH verjähren die Zahlungsansprüche binnen unterschiedlicher Fristen. Jede Zahlungsforderung aus einer Abmahnung besteht nämlich aus zwei Einzelforderungen:
Es werden zum einen die Abmahnkosten geltend gemacht. Das sind die Kosten, die der gegnerischen Anwalt dem Rechteinhaber für den Ausspruch der Abmahnung in Rechnung stellen muss und hinsichtlich derer die Gegenseite eine Erstattung verlangt. Dieser Anspruch verjährt in 3 Jahren.
Daneben wird auch Schadenersatz wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht. Dieser Anspruch verjährt nach 10 Jahren.
Diese Fristen beginnen immer zum 01.01. des Folgejahrs der angeblichen Rechtsverletzung zu laufen.
Zusammengefasst bedeutet das: bei allen Abmahnungen, die vor dem 01.01.2020 ausgesprochen worden sind, sind die Abmahnkosten bereits verjährt. Bei den Schadenersatzansprüchen steht die Verjährung noch aus.
Für Abmahnungen aus späteren Jahren tritt die Verjährung dann jeweils ein Jahr später ein (Beispiel: Abmanung aus 2020, Verjährung der Abmahnungkosten mit Ablauf des 31.12.2023, Schadenersatz mit Ablauf des 31.12.2030).
Neben der Verjährung kann in vielen Fällen aber auch Verwirkung vorliegen. Das bedeutet verkürzt ausgedrückt, dass eine Forderung, die es tatsächlich einmal gegeben hat, nicht mehr geltend gemacht werden darf, wenn der Gläubiger lange Zeit untätig geblieben ist und beim Schuldner ein Vertrauen hat entstehen lassen, dass die Forderung auch nicht mehr geltend gemacht werden wird. Gerade in Filesharing-Angelegenheiten, in denen nach der Abmahnung und Zurückweisung der Ansprüche viele Jahre lang nichts mehr passiert ist, kann mit guten Argumenten Verwirkung angenommen werden.